Sonntag, 16. Februar 2014

Die Gabe der Zeichnerin - Martina Kempff


Bagdad 794: Der Kalif Harun al Raschid ist dem deutschen Herrscher, der uns heute als Karl der Große bekannt ist, in inniger Freundschaft verbunden. Im Bestreben, den nordischen König beim Bau seiner Pfalzkapelle in Aachen zu unterstützen, schickt er ihm seinen besten Baumeister. Yussuf Ibn Yakub bricht zu eine langen Reise auf; in seiner Begleitung befindet sich Ezra, seine Tochter, die jedoch von klein auf in die Rolle eines Jungen schlüpfen musste, um dem Vater den gewünschten Sohn zu ersetzen und ihn mit ihren genialen Bauzeichnungen unterstützen zu können.
Eine gewaltige, steinerne Kuppel zu wölben, ist ihre Vision, die sie jedoch nur in der Verkleidung, als „Architectulus“, verwirklichen kann. In Aachen angekommen lernt sie Lucas, den Sohn des Baumeisters Odo von Metz kennen.  Ihre wachsende Zuneigung zu ihm gefährdet ihre Tarnung und bringt ihren Lebenstraum in Gefahr.

Die historische Grundlage zu Martina Kempffs neuem Roman ist ein Bauwerk, das seit 1978, als erstes in Deutschland, zum UNESCO Weltkulturerbe erhoben wurde, der Aachener Dom. Zudem jährte sich heuer im Januar der Todestag Karls des Großen zum 1200. Mal, ein guter Anlass, sich über diese berühmte Figur der Weltgeschichte, seine Herrschaft und seine Pläne Gedanken zu machen und ihm einen Roman zu widmen. Man erfährt viel über diesen facettenreichen Herrscher, der für seine Zeit zum Teil erstaunlich fortschrittliche Ansichten hatte.
Aber die eigentliche Hauptperson der Geschichte ist Ezra, eine schöne und kluge junge Frau aus Bagdad, die ihre Weiblichkeit versteckt und verstummt, um nicht entdeckt zu werden. Ich war hingerissen von der jungen Heldin, die sich so vielen Schwierigkeiten ausgesetzt hat, um ihr Ziel zu erreichen. Wenige wissen von ihrer wahren Identität, manche ahnen es, aber die meisten erkennen nur, was sie sehen wollen, einen stummen und ein wenig seltsamen jungen Bauzeichner, der seinen Vater beim Bau der Pfalzkapelle unterstützt, denn der Kaiser verlangt schier Unmögliches. Er möchte seine Kapelle von einer riesigen Kuppel gekrönt sehen, die für ihn nur der erfahrene Yussuf Ibn Yakub und sein Sohn Ezra bauen können. Ein realer Bau und eine phantastische Möglichkeit, wie er hätte entstanden sein können, werden hier in einer atemberaubenden, fesselnden Geschichte dargestellt, die mich in ihrer Detailtreue der Schilderungen begeistert hat. Man kann die Planung und die Baufortschritte gut mitverfolgen. Hervorragend recherchiert bringt einem dieser wunderbare Roman den historischen Ursprung eines Bauwerks nahe, das bis heute nichts von seiner Rätselhaftigkeit und Faszination eingebüßt hat. Ich kenne den imposanten Aachener Dom nur aus Erzählungen und von Fotografien, die mich fasziniert und beeindruckt haben. Die Geschichte hat in mir den dringenden Wunsch geweckt, die Schönheiten des Gebäudes selbst vor Ort zu bestaunen.
Nicht nur die Beschreibung der eindrucksvollen Bauweise mit orientalischem Einfluss erzeugt hier den Zauber von 1001 Nacht, sondern es sind die weisen Sprüche, teils aus dem Talmud und Suren aus dem Koran, die häufig in die Handlung eingebunden sind und das besondere Flair um Ezra unterstreichen. Zudem beginnt jedes Kapitel mit einem passenden Zitat aus den Erzählungen von 1001 Nacht, das den Leser auf die folgenden Ereignisse einstimmt.
Geschildert ist ein fiktives Schicksal, das mich eigentümlich berührt hat und durch den realen Hintergrund und die eingeflochtenen Episoden, die aufgrund von Ausgrabungen und wirklichen Ereignissen entstanden sind, sehr lebendig wirkt.



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