Dienstag, 20. August 2013

Oma Else kann's nicht lassen - Thomas Letocha


Der Tod ihres Mannes Robert hinterlässt eine große leere in Else Westermanns Leben. Eigentlich ist die 81-Jährige gar keine richtige Oma, wie der Buchtitel vermuten lässt, denn sie hat weder Kinder noch Enkel. Nicht genug damit, dass sie jetzt Witwe ist, sie verliert auch noch kurz hintereinander ihre beiden besten Freundinnen. Diese sind zwar am Leben, aber Elisabeth hat Else zutiefst enttäuscht, und  Marlene ist schwer erkrankt. Im Lauf der folgenden Wochen macht sich Einsamkeit in Elses Leben breit, bis zu dem Tag, als ein Brief falsch zugestellt wird und versehentlich in ihrem Briefkasten landet. Else liest ihn, und diese Lektüre nimmt sie so gefangen, dass sie mehr davon lesen und so Anteil an den Freuden und Sorgen der Schreiber haben möchte. Sie entwendet nun häufiger Briefe aus fremden Postkästen und öffnet die Umschläge möglichst spurenfrei. Später bringt sie die Briefsendungen zu den wahren Empfängern zurück. Einmal gelingt ihr dies nicht, denn durch widrige Umstände verliert sie den Umschlag mit der Empfängeradresse. Das setzt eine Lawine von Ereignissen in Gang, die jede Menge Aufregung und Abenteuer in Elses Leben bringen.

Aus Else bin ich nicht immer schlau geworden, denn für mein Empfinden ist sie eine recht ungewöhnliche Seniorin. Einerseits wirkt sie ein wenig trottelig und ungeschickt, erweist sich dazwischen aber wieder als durchaus clever. Mit ihren 81 Jahren bedient sie ihr Handy ganz souverän und sitzt gerne im Cafe, wo sie nicht nur eines sondern auch schon mal zwei oder drei Gläschen Prosecco zu sich nimmt. Kein Wunder, dass sie bei den unmöglichsten Gelegenheiten einfach einnickt. Dieser Sekundenschlaf geht mit lebhaften Träumen einher, und nach dem Erwachen mischen sich für Else oft Realität und Traum, was teilweise unangenehme und drastische Folgen hat. Im Lauf ihrer Erlebnisse lässt sich Else auch zu mancher Aktion hinreißen, die schon ans Akrobatische grenzt. Die Story hat etwas von einer Slapstick Komödie, bringt aber zugleich das Problem vieler älterer Menschen zur Sprache: Die Einsamkeit. Die Art und Weise, wie Else damit umgeht, ist nicht gerade alltäglich und wird hier auch eher kurios dargestellt. Ich gestehe jedoch, meinen persönlichen Humor traf es nicht immer hundertprozentig. Die Anhäufung von Zufällen, wie sie hier vorkommt, ist manchmal fragwürdig. Auch wirkte es auf mich etwas befremdlich, wenn die Ich-Erzählerin beispielsweise von ihren „kleinen Ärmchen“ spricht. Derartige Verniedlichungen kommen mehrmals im Buch vor und haben mich ein wenig irritiert, denn ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass eine ältere Dame so über sich selbst erzählt.

Das Buch liest sich jedoch flott weg, ist insgesamt recht vergnüglich geschrieben und damit auf jeden Fall eine abwechslungsreiche und kurzweilige Urlaubslektüre, die jede Menge Überraschungen bereithält. Man sollte das Erzählte jedoch nicht allzu ernst nehmen.
 bis

Vielen Dank an den Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar.

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