Montag, 19. Januar 2015

Das Brunnenmädchen - Martina Frey


Wiesbaden 1890: Sophie ist empört, als sie erfährt, dass ein junger Herr der gehobenen Gesellschaft ihrer Schwester Annelie das Herz gebrochen hat. Sie nimmt sich vor, Maximilian Bickenbach kennenzulernen und zur Rede zu stellen, was für sie, das einfache Brunnenmädchen, welches den Kurgästen das Wasser der Wiesbadener Heilquelle ausschenkt, gar nicht so einfach ist.
Der Zufall kommt Sophie zur Hilfe, als sie Carl Freyberg kennenlernt, ebenfalls ein Sohn aus reichem Hause. Mit seiner Hilfe gelangt sie zu den gesellschaftlichen Anlässen der vornehmen Kreise, und für Carl ist die Bekanntschaft mit dem Brunnenmädchen eine willkommene Abwechslung in seinem luxuriösen aber eintönigen Leben. Sophie lernt Max kennen, aber er ist so ganz anders als sie sich ihn vorgestellt hat, und ehe sie sich versieht, befindet sie sich inmitten eines aufregenden Verwirrspiels.

Schilderungen der Epoche, in der die Geschichte spielt, wirken auf mich häufig etwas gekünstelt, aber vermutlich war das Leben teilweise wirklich so, zumindest, was die begüterte Gesellschaftsschicht betraf. Man liest so selten etwas darüber, wie sich die Reichen ihr Geld verdienten und hat oft den Eindruck, dass das Leben damals nur aus Bällen und anderen kurzweiligen Gesellschaften bestand. Besonders die Frauen hatten anscheinend nur die Aufgabe, gut auszusehen und tugendhaft zu sein. Der jungen Generation, egal ob Mann oder Frau, wurde damals wohl sehr wenig Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit gelassen. Gemacht wurde, was die Eltern beschlossen.
Es ist gut, dass man hier im Roman nicht nur diese eine Seite des Lebens im viktorianischen Zeitalter sieht, sondern auch die ernsten Probleme der armen Leute kennenlernt. Sophie, die mit ihrer Schwester eine kleine Kammer im Haus eines Schneiders bewohnt, ist zwar oft leichtsinnig und auch ein wenig naiv, aber sie ist ein mitfühlender Mensch und hat das Herz auf dem rechten Fleck, was sie zu einer sehr liebenswerten Heldin macht. Ihre Ausflüge in die Welt der Reichen Wiesbadens sind mit einigen Problemen verbunden, denn sie kann bei den Teegesellschaften und Bällen ja nicht in ihrer Alltagskleidung auftauchen. Ihr forsches Vorgehen und ihre ungewöhnliche Art, sich passende Kleider zu besorgen, bringen die junge Frau bald in ernsthafte Schwierigkeiten.

Eigentlich sind alle Charaktere des Romans sehr liebevoll, aber nicht einseitig, gezeichnet. Es gibt keine richtigen Bösewichte in der Handlung. Selbst die arrogante und egoistische Franka hat durchaus nette Wesenszüge, auch wenn diese nicht sehr stark zutage treten. Die ausführliche Erläuterung ihrer Beweggründe lässt sie in einem anderen, weicheren Licht erscheinen; sie kann eben nicht über ihren Schatten springen und ist auch nur das Produkt ihres Umfelds.
Es geht ganz schön turbulent zu in der Geschichte, manchmal war mir das Durcheinander fast ein wenig zu verwirrend. Gerade auf der Gefühlsebene hatte ich oft, besonders bei Sophie, den Eindruck, sie weiß selbst nicht, was sie eigentlich will. Auch wurde in diversen Dialogen so manches angesprochen, was letztendlich nicht mehr zur Sprache kam und nie eine Klärung erfahren hat, zumindest habe ich das so empfunden.
Der Roman ist unterhaltsam geschrieben, auch wenn vieles vorhersehbar ist. Einige Handlungen der Protagonisten und diverse überraschende Wendungen haben dem Roman zwar Spannung verliehen, waren aber für mich nicht immer absolut glaubwürdig und nachvollziehbar. Trotzdem habe ich die Geschichte sehr gerne gelesen und die unterhaltsamen Stunden damit genossen.




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