Sonntag, 28. Dezember 2014

Die Sehnsucht der Albatrosse - Karin Seemeyer

Eine Frau, die nur für die Musik lebt. 
Ein Mann, der für die See auf alles verzichtet. 
Eine Reise, auf der beide an ihre Grenzen kommen.



San Francisco 1905: Die Sängerin Sarah Tanner, die unter dem Namen Emilia Rossi als Operndiva gefeiert wird,  bangt aus gesundheitlichen Gründen um ihre Stimme. Um sich zu erholen und Abstand zu gewinnen, begibt sie sich auf eine Seereise nach Hawaii. Unterwegs gerät das Passagierschiff, an dessen Bord sie reist, durch einen schweren Taifun in Seenot, und Sarah wird von einem Robbenschoner gerettet. Ihre anfängliche Erleichterung über die Bergung der Schiffbrüchigen schlägt schnell in Entsetzen und Empörung um, als ihr der Kapitän klar macht, dass er sie nicht so schnell an Land bringen kann,da ihn dieses Manöver zu viel Zeit kosten würde. So ist Sarah gezwungen, auf dem Schiff zu bleiben und die Robbenfänger auf ihrer Reise ins Beringmeer zu begleiten. Bald erkennt Sarah in John Brandon, dem Kapitän der Victory, ihre alte Jugendliebe wieder. Sein ganzes Verhalten lässt sie befürchten, dass er sie absichtlich an Bord behalten hat. Resigniert muss sie sich in ihre neue Situation fügen. In dem Matrosen Peer Svensson findet sie einen Vertrauten, der ihr mit Verständnis begegnet und ihr die Vorgänge auf dem Schiff erklärt, denn vieles in dieser rauen Männerdomäne ist Sarah völlig fremd. Doch schon bald gibt es Probleme, denn als es zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen Svensson und dem Kapitän kommt, gerät Sarah zwischen die Fronten. Da die Mannschaft der Victory zudem nicht das erhoffte Jagdglück hat, spitzen sich die Ereignisse zu.

Das Szenario, in dem sich Sarah nach dem Taifun wiederfindet, ist der reine Alptraum und wurde von der Autorin sehr realistisch wiedergegeben. Gezwungen, für die nächsten Monate, als einzige Frau, zusammen mit einer Horde raubeiniger Seeleute, unterwegs zu sein, beginnt Sarah, sich selbst und das Leben an sich mit anderen Augen zu betrachten. Die Prioritäten verschieben sich, und es werden Dinge wichtig, an die sie bisher keine Gedanken verschwendet hatte. Dieses Leben, das so ganz anders ist als alles, was sie bisher kennengelernt hat, hält Erkenntnisse und Erfahrungen für sie bereit, die nicht immer einfach zu verkraften sind. Sarah beginnt, vieles zu hinterfragen und in einem neuen Licht zu sehen, und sie erkennt ihre Ohnmacht, wenn es darum geht, sich für Gerechtigkeit und Fairness an Bord einzusetzen, denn auf dem Schiff herrschen andere Gesetze. Ohne Widerspruch wird hier gemacht, was der Kapitän anordnet, der auch nicht zögert, seine Entscheidungen mit roher Gewalt durchzusetzen.

Zwar findet man dieses Buch oft unter der Kategorie "Liebesroman" eingeordnet, aber meiner Meinung nach wird diese Klassifizierung der Handlung ganz und gar nicht gerecht.  Hauptsächlich geht es  im Roman um das raue, abenteuerliche Leben auf See, um die Problematik, dass plötzlich  eine Frau an Bord ist, was viele der Seeleute mit Aberglauben und Argwohn betrachteten, und es werden die widersprüchlichen Probleme bei der Robbenjagd aufgezeigt. Diese war schon zur damaligen Zeit in vielen Ländern verboten, und durch Sarahs Augen erlebt der Leser auf sehr eindringliche Weise, wie brutal dabei vorgegangen wurde und andererseits, wie dringend es war, bei der Jagd erfolgreich zu sein, denn es hingen viele Existenzen davon ab.

Aber natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte, die sich in diesem Fall sehr besonders und ungewöhnlich entwickelt, bedingt durch die Umgebung und die Tatsache, dass die Liebenden ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten angehören. Hier kommt auch der Titel des Romans ins Spiel, denn unterwegs auf See kommt es wirklich zu einer Begegnung mit einem Albatros, dessen Schicksal Sarah mit Wehmut und Traurigkeit erfüllt, ihr aber letztendlich auch eine tiefe Erkenntnis bezüglich ihres eigenen Lebens vermittelt.

Ich empfand diesen Roman als außergewöhnlich und beeindruckend, denn hier wird eine abenteuerliche Geschichte erzählt, die authentisch wirkt und sich jenseits von Kitsch und übertriebener Romantik bewegt. Ich setze eine sehr intensive Recherche voraus und bewundere das Geschick der Autorin, wie sie sehr spezielles nautisches Fachwissen ganz selbstverständlich in die Handlung einfließen lässt.



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